Kerstin Baarmann

Grafikerin

Künstler müssen zum Überleben flexibel sein … das heißt sie sind schon von Natur aus krisentauglich.

Wie vorher oder wie nachher? Wenn alles wieder wie vorher wird, dann war die Zeit für einen Wandel zu kurz. Dann muß es noch länger dauern – es muß noch mehr anbrennen, noch mehr weh tun, damit die Menschen alles hinschmeißen und die Klappe aufmachen, um etwas verändern zu wollen.

Ich habe dieses Projekt »nach-wie-vor« mit initiiert und in den Zeiten des Lockdowns Interviews per Zoom mit Künstlern organisiert, um zu erfahren, wie sie diese verrückten Situationen bewältigt haben. Ich selbst konnte erstaunlicherweise während der zwei Jahre ganz ruhig und gelassen bleiben. Ich konnte mich ohne Angst den verschiedensten Aufgaben widmen und ganz in Ruhe weiterarbeiten. Das soziale und schöpferische Umfeld ist mir sehr wichtig und motiviert mich. Du gibst etwas und bekommst auch. Ich habe in einer Art Urvertrauen gelebt und konnte mich dadurch den anderen Menschen zuwenden, und ihnen vielleicht in ihrer momentanen Lebenssituation Halt geben.

Es hat keinen Sinn, sich zu verbiegen. Schwierig, aber wichtig ist es, so gut, wie es eben geht, authentisch zu bleiben. Wenn mir das gelang konnte ich ganz erstaunt erleben, dass dann eine Kraft und eine Klarheit erscheint, die ansteckend ist. Wie schön wäre es, wenn sich viele davon infizieren würden. So entstünden plötzlich Räume, in denen das Arbeiten und das Zusammensein Freude macht.

Und wenn wir uns gegenseitig diesen Raum schaffen, in dem wir die Gelegenheit haben, uns zu erkennen und zu ergänzen, dann kann es überall – auch in den Städten – lebenswert sein.

Seit 12 Jahren lebe ich in einem ländlich abgeschiedenen Gebiet. Ist das ein Paradies? Ich habe so sehr das Gefühl von Bereicherung im Gegensatz zum Stadtleben.  Hier ist so viel Platz – zum Arbeiten, Experimentieren, zum Denken! Es gibt so viele Möglichkeiten, sich diesen Frei-Raum zu erschaffen. Viele Menschen fürchten heute oft um ihre Existenz, haben Angst aufs Land zu gehen, weil sie denken, dort keine »Arbeit« zu finden. Aber gerade im ländlichen Raum braucht es mehr gute Leute, die gute Arbeit machen. Wenn wir die gute Kultur übers Land verstreuen mit z.B. guten Ärzten, guten Landwirten, guten Architekten, guten Musikern, guten Marmeladenkochern, Künstlern, Handwerkern und Theaterleuten … DAS wäre doch die große Bereicherung. Wenn wir dazu auch noch die Natur in unmittelbarer Nähe haben und respektieren, dann könnte die Welt heilen.

ZEITENLOS

Als Typografin beschäftigt mich schon seit langem das Wort, die Zeile, der Text, deren Sinn, Bedeutung, Wirkung und natürlich, wie die Gestaltung darauf Einfluss hat. Weniger als die Verwendung verschiedener Schrift-Typen reizt mich der Umgang mit dem Wort und dem Text als Form.  Wie eine Architektin baue ich ihn, kann den Charakter und die Stimmung mit den unterschiedlichsten Farben, Flächen und Strukturen verändern.

Gerade in den letzten Wochen wurden so unendlich viele Botschaften verbreitet, daß es sich lohnt, Wichtiges festzuhalten.

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