Sollte sich jemals (wieder) in Deutschland eine Katastrophe anbahnen, so hat mir meine Mutter (geb. 1939 – Flüchtlingskind) schon als Kind eingeschärft:
Mitte März 2020 ist die Katastrophe da und die Grenzen sind dicht…
Im Herbst 2019 bin ich aus der Stadt Lübeck aufs Land gezogen, 20 Häuser, 48 Einwohner. Direkt an die Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Der naheste Lebensmittelmarkt befindet sich in Schleswig-Holstein. Jetzt wird die alte innerdeutsche Grenze reaktiviert. Durchlässig jetzt nur noch in Ost-West-Richtung und nicht umgekehrt. Da ich, außer einem Bruder, keine Verwandten mehr habe, darf ich für Monate keinen Besuch von Freunden »aus dem Westen« bekommen. Ich fühle mich unfassbar einsam und zunehmend verkümmert in meinen sozialen Kontakten.
Im Herbst 2020 bekomme ich von einer Kollegin aus Lübeck das Angebot im Rahmen eines Projekts drei Wochen in Lübeck in einem von ihr initiierten »Kunstimbiss« öffentlich zu arbeiten. Die Possehl-Stiftung rief das Projekt »Kulturfunke« ins Leben, spendete 600.000 Euro und rief dazu auf, mit den Corona-Regeln konforme Kunstprojekte zu entwickeln und Ideen einzureichen. Es wurden 100 Projekte gefördert.
Der »Kunstimbiss« steht in Lübeck an der Obertrave, am Wasser und gleichzeitig mitten in der Stadt. Endlich wieder Kontakte zu Freunden und Fremden!!! Gespräche werden möglich. Ich entdecke den Linolschnitt für mich.
Halt gebend – handwerklich – kontemplativ – konzentriert.
2021 wird dann vom Kunst- und Kulturrat Nordwestmecklenburg ein Projektwettbewerb »Kunst in den Zeiten von Corona« ausgelobt, der mir erlaubt die Reihe »pandemic occurrence« zu beginnen, großformatige Linolschnitte auf Leinwand. Die im Projekt entstandenen Arbeiten sind dann real im Mühlenquartier in Bad Kleinen ausgestellt worden und es hat auch einen kleinen Katalog gegeben. Also eine motivierende Sache.
Austausch – Kontakt – miteinander Lachen – sich umarmen – gemeinsam essen – gemeinsam trinken – diskutieren …